Durchbruch beim Verstärkerklang
REVIEWS
Stereoplay 07/92 - Avantgarde A1
Haute Fidelste 02/93 - Avantgarde A1
Stereoplay 11/94 - Avantgarde A1
Stereoplay 09/95 - Avantgarde C1
Sound 07/96 - Avantgarde Kombi
Video & Son 12/96 - Avantgarde Kombi
VOLLE LADUNG
Als Vergleichsstromquelle bei derlei Versuchen mußte die bestmögliche herhalten : Ein
Pack von dicken Bleiakkus, genug, um einen massiven, kurzschliessenden Schraubenzieher verglühen zu lassen,
und zweimal genug, um alle Art Verstärker und Boxen zum Gehorsam zu zwingen (siehe stereoplay 9/91).
Seit dieser Zeit laufen Gassmanns private Metaxas-End-stufen ausschliesslich mit Batteriestrom - und
offenbar war es von da an mit der reinen Dienstbarkeit vorbei. Da tüftelte nun ein "Gassmann Akustik Team"
eifrigst an eigenen Konzepten; vier Jahre dauerte es schliesslich, bis der Schweizer bei stereoplay
bescheiden rapportieren konnte: "Ich bin jetzt mit dem Klangergebnis unserer Avantgarde A1 ganz zufrieden."
Als topsichere A-1-Versorgungsgrundlage wählte Gassmann nicht weniger als acht Dryfit-Edelakkus aus, welche
der Hersteller Sonnenschein direkt zum Fachhändler schickt und nach knapp zehn Jahren zum Recyceln wieder
zurücknimmt. Säurespritzer sind von diesen Batterien nicht zu erwarten, der Ionenaustausch findet in einem
festen Kieselgel Medium statt. Chemische Extrasubstanzen sorgen dafür, dass beim Laden nicht knallfreudiger
Wasserstoff, sondern harmloses Lachgas (Distickstoffdioxid) entfleucht.
Erst etwa nach sechs Stunden Musikhören wird diese Prozedur notwendig. Ein Schaltnetzteil - die 50-Hertz
Wechselspannung wird zunächst in schnelle Impulse zerhackt, dann genügen ein Winztrafo und kleine
Siebkondensatoren zur Gleichstromerzeugung - bemüht sich dann im Laufe einer Stunde, die Ausgangsladung von
200 Amperestunden wiederherzustellen.
Im Vergleich mit beliebig feisten Elkos besitzen die Akkus eine zigfach höhere Kapazität.Deshalb bleiben
die A-1-Versorgungsspannungen von plus und minus 52 Volt (je 4 x 13 Volt) auch bei anhaltenden Bassorgien
stoisch ruhig auf gleicher Höhe. Der harmlose, langsame Potentialschwund von wenigen Volt, der nach Stunden
auftreten könnte, war den Schweizer Akku-stikern aber immer noch ein Ärgernis. Deshalb müssen allein 21
Transistoren dafür geradestehen, daß die acht Endstufen-Feldeffektkollegen jedes Stereokanals immer 45 Volt
bekommen. 17 Halbleiter in einer mehrere Megahertz schnellen Anordnung verhindern, dass die
Versorgunsspannung für die Vor- und Treiberstufen auch nur den leisesten Muckser macht. Die
Verstärkerschaltung selbst sicht lehrbuchmässig ordentlich aus : Plus und Minusauslenkungen begrüsst jeweils
ein spiegelbildlich symmetrisch aufgestellter Achtertrupp von Eingangstransidtoren, Vier davon dienen
schnnelligkeitsfordernd der Entkopplung von der nächsten Stufe. Hier wird noch etwas an Spannung zugelegt,
dann kommen in zwei Treibersektionen und dem Ausgangs-Kraftoktett die grossen Ströme ins Rollen.
Beruhigenderweise wacht bei der Avantgarde eine Schutzschaltung darüber, dass die gewaltigen
Akku-Energiereserven kein Unheil anrichten. Bei einem Kurzschluss zum Beispiel trennt sie aber nicht mit
einem Rappelrelais den Ensstufen-Stromkreis auf, sondern schaltet lieber elektronisch den Eingang stumm. Im
stereoplay-Labor bekamen die Messingenieure aber weniger wegen exorbitanter Leistungen große Augen, sondern
ob der bis dato völlig einmaligen Impulspräzision der A1 . Selbst an gemeinsten komplexen Lasten gönnte sich
diese Endstufe nicht mehr als eine halbe millionstel Sekunde Zeit, um von 0 auf 100 ihre ganze Power zu
entwickeln.
Dabei erwies sich der Dämpfungsfaktor sogar bei höchsten Tonfrequenzen als so unglaublich hoch, dass
auch die verrücktesten Boxen mit abartig schwanken der Impedanz an der 100 prozentig genauen Impulsform
nicht rühren können.
Bereits vor den Messungen hatte das Schweizer Endstufenmontrum im Hörraum triumphiert. Die wahrlich
nicht schlechten Stax-Monoblöcke DMA X2 (zusammen mit den Mark Levinson 20.6 Absolute Spitzenklasse I,
Referenz) mussten bereits passen, als es galt, die relativ unkritischen T + A-Superboxen T 230 anzutreiben.
"Das gibt's doch gar nicht", murmelten die Tester zunächst noch ungläubig; immer wenn der LED-Zeiger auf dem
verlustfreien Umschaltkasten auf die A1 wies, öffneten sich Studios und Konzertsäle deutlicher in Tiefe und
Breite. Solisten und Streicher Gruppen traten weiter auseinander wirkten greifbarer, Geigenanstriche kamen
merklich feiner nuanciert.
Die im Konzept der stabilen Versorgungsspannung ähnliche 20.6 (siehe Vormonatsheft) bemühte sich
immerhin redlicher um Höhenfeinauflösung als die Stax, aber - das wurde nach dem Wechsel auf die
elektrostatischen Schallwandler Monitor von Martin Logan besonders deutlich - ohne der Akku-Wunderendstufe
das Wasser reichen zu können. Da tingelten und blitzten die Percussionsglöckchen etwa bei Friedemanns "My
Blue Star" (Biber-CD "Rendez-vous", abgespielt vom Laufwerk/Wandler-Tandem von Proceed) quasi sichtbar,
völlig klar an ihrem Platz im Raum, während sie über die 20.6 doch an Glanz verloren. Die Schweizerin gönnte
den Silbertrompeten von Lissabon (D&-G-CD"Intermezzo") mehr Glanz und Fetzigkeit, die Flöten der
Williams-Triosonate erschienen plastischer, tragender, zarter; das Anblasen, der Luftstrom gerieten schöner.
Da fingen die Hobbymusiker das Schwärmen an. Schlagzeuger Günther Janisch bei Charly Antolinis "Endless"
(Bell-CD Reference): "So klingt es, wenn der Stock auf die Snaredrum trifft und wenn sich das Fell dehnt, so
schwingt das Trommelvolumen nach."
Ein Flügelbesitzer in der Jury: "Die A1 bringt bei Pianoläufen Ton für Ton sauberer mrissen, der herbe
Glanz der Stahlsaiten, die schwebenden klänge von der hölzernen Resonanzplatte, das stimmte bei keinem
Verstärker jemals so genau." Chefredakteur Karl Breh: "Es wundert mich, dass es so Klar zu hören ist , aber
die Klänge über die AvantGarde sind deutlich reiner, haben keinerlei Hof."
Somit muss stereoplay auf dem Gassmannschen Angebot, eine A1 als Dauerleihgabe zu stiften, bestehen.
Schliesslich wird sie nicht nur Referenz, sondern dickgedruckte Oberreferenz aller Verstärker. Und das wird
Costas Metaxas - auch wenn seine Endstufen tatsächlich bessere Trafos bekommen haben - wahrscheinlich ein
wenig wurmen.
Johannes Maier
Netz-Spannung
Der "Akku-König" Fred Gassmann läßt seine jüngsten Verstärker ihren Strom wieder vom
E-Werk beziehen. Was kostet der Verzicht auf Batterieversorgung an Klang?
Ganze 53 Kilo wiegt Fred Gassmann, seit er sich nur noch mit schmalen vegetarischen Happen verköstigt.
Dafür mästet der Schweizer seine Verstärker. Bei stereoplays Überreferenz-End-stufe A 1(Heft 7/92),die auf
die schier endlose Strompotenz dicker Bleiakkus zählt, trieb er das Prinzip auf die Spitze. Für derlei
Kompromißlosigkeit will nicht jeder 34 000 Mark berappen. Außerdem hatte es Gassmanns australischer Freund
Costas Metaxas mit seiner nur ein Drittel so teuren Netzendstufe Solitaire beim stereoplay-Test 7/92 zwar
nicht bis zur obersten Referenz, aber immerhin bis zur Superwertung Absolute Spitzenklasse I gebracht (
"Rang und Namen" ab Seite 135).
"In diese Preisklassen-Lücke schlüpfe ich auch rein", sinnierte Gassmann und dampfte deshalb sein
A-1-Konzept mächtig ein. Nun blieben nicht nur die acht Sonnenschein-Akkus samt Ladeelektronik in der Ecke
stehen. Auch die zusätzlichen, ultratächtigen Stabilisierungsschaltungen für die End-stufen-Gleichspannung
mußten entfallen. Eine von Kleintransistoren mehr oder minder konstant gehaltene Speisung bekamen gerade mal
die Eingangssektionen spendiert. Bei dem nunmehr " Basic A 1" genannten Netzverstärker müssen sich vier
dicke Elkos auf jeder Kanalseite darum bemühen, daß die Potentiale bei Bassstürmen nicht zusammenbrechen .
Beruhigenderweise liegt die Gesamtkapazität von 8mal 47 000 Mikrofarad gegenüber vergleichbaren Endstufen
weit über dem Schnitt. Ausreichenden Nachschub zu liefern dürfte dem 1-Kilowatt-Netzübertrager nicht
schwerfallen, zumal er mit seinem kantig-klobigen Eisenblech-Paket-Vorteil dieser Bauweise gegenüber den
prinzipiell leichteren Ringtrafos - auf magnetische Weise Stromschlag-Energien speichern kann.
"Bauteil für Bauteil haben wir sorgfältig gehört und dabei immer mit der Batterie-Endstufe verglichen",
versichert Gassmann. Die eigentliche Schaltung sei gar nicht so wichtig, findet er, sie entspräche nur
gehobenem Standard (für Techniker: schnelle Gegentakt-Eingangsstufe mit Cascode-Auskoppeltransistoren,
Treiber und zuletzt vier bipolare Toshiba-Halbleiter pro Kanal). Nur nicht so bescheiden! Bei den
stereoplay-Messungen erwies sich die Impulstreue der Basic A 1 auch dann als perfekt, wenn sich
superkritische Lautsprecher elektrisch dagegenstemmten. Ein Novum in der Verstärkergeschichte: Bei der neuen
Gassmann bleibt der Dämpfungsfaktor und damit die Fähigkeit zur Boxenkontrolle auch am Ende des oberen
Wiedergabebereichs exakt gleichgross wie im Baß.
Das erste Hörergebnis unterstrich diese Tatsache.: Den optimal genährten und noch freirer aufspielenden
Luxusbruder ersetzt der Netznachzügler nicht..Daß der Basic A 1 fürs Geld dennoch unglaublich gut klingt,
verdeutlichte der Vergleich mit der frischgebackenen Referenz der Absoluten Spitzenklasse II, der Chord SPM
1200 (Seite 18): "Ist der Schweizer gedopt, oder hat der Schaltnetzteil-Amp plötzlich Tranquilizer
geschluckt ?" Fetziger, kerniger, satter, der A1 brachte ohne Frage mehr Bassantritt zuwege. Luftiger,
strahlender, feinziselierter, auch in puncto Höhenauflösung setzte der Schweizer glatt eins drauf.
Johannes Maier
Mit diesem Overdrive-Verstärker überhört man absolut nichts.
Der Rasende
Ein Stahlblechkasten und eine grossflächige, undurchsichtig - schwarze Front aus Kunststoff : Der C1 von
Gassmann versprüht den Charme einer Hochspannungsstation. Ein kernschwerer 700 Volt/Ampere-Trafo im
Innern des Gebäudes verstärkt den Eindruck ebenso wie die beiden, jeweils in drei Schichten gestapelten
Elko-Geschwader.
Gassmanns Meisterstück, die Avantgarde A1 (34 000 Mark, Test 7/92, Absolute Spitzenklasse I,
Überreferenz) greift ja mit Erfolg auf die schier unerschöpflichen Impuls-Strom-vorräte großer Bleiakkus
zurück. Um die Versorgungsverhältnisse bei seinem 8100 Mark-Hochpeglvestärker ähnlich paradiesisch zu
gestalten, verwendet Gassmann nun nicht weniger als 48 Stromspeicher-Kondensatoren (24 pro Stereokanal)
mit jeweils 4700 Mikrofarad Kapazität. Der überschwengliche Inhalt schwappt nun allerdings nicht völlig
ungehemmt zwischen dem Netzteil und den Endtransistoren hin und den Endtransistoren hin und her. Nach
entsprechenden Hörproben hat der am Bieler See ansässige Schweizer einen kleinen, aber dennoch spürbaren
Widerstand von 0,01 Ohm eingebaut. Der Hemmschuh - ließe sich theoretisieren - erniedrigt den
Dämpfungsfaktor im Baß. Andererseits gleicht er ihn dem durch die Induktivität der Verbindungsleitungen
Zwangsläufig etwas verminderten Wert in den Höhen etwas an. Mag sein, vielleicht weiß der C1 von dem
erzwungenen Ebenmaß wirklich zu profitieren.
Auf jeden Fall wirkt sich verrnehrte Verstärker-Reaktions-schnelligkeit günstig auf die
Verzerrungsunterdrückung aus. Daher beschleunigt auch Gassmann, wo er nur kann. Da erleichtert schon
einmal eine Kurzstrecken.-Kleinplatine mit abgerundeten Kupferbahnen den Endstufen-Signaltransfer.
Eine ultrafixe Regelelektronik hält die Vorstufen-Versorgungs-spannung stets auf Vollgas gestellt.
Schliesslich drang hier - weil sie als Bremser verschrieen sind - nicht ein einziger Kondensator in die
Nähe zu den Signal-Rennpisten vor. Dass er aus einer ganzen Schar von Transistoren zueinander passende
Teamkollengen heraussucht, nimmt stereoplay dem Schweizer gerne ab.
Ebenso, daß er die Kabel, die zwei der insgesamt fünf Hochpegeleingnge mit dem Wahlschalter, dem
Alps-Poti und der Verstärkerelektronik verbinden erwählte. Und nützt's nichts, schadet's nichts : Selbst
bei der Netzzuführung musste es was Störrisches, Kunststoffumgarntes und eine Cannon-ähnliche (aber
2-statt dreipolige, somit nicht verwechselbare!) Kupplung zwischen Kabel und Vestärkerkasten sein.
Skeptisch standen die Tester nur einer Gassmann-Behauptung gegenüber: Dass der Freitod von
Schmelzsicherungen das Leben der ingesamt acht Endtransistoren sichern kann. Nach Abschluss sämtlicher
Laboruntersuchungen - dabei war plangemäss die Impulsschnelligkeit, ausserdem allerdings ein nicht ganz
unerhebliches Klirrschwänzchen aufgefallen - haben die Tester es ausprobiert: kurzgeschlossen,
Sicherungen gewechselt und Glück gehabt. Der C1 lief wieder geschmiert. Wäre auch zu schade gewesen,
wenn ihn vor dem wahrlich fulminanten Hörraum-Auftritt der Schlag getroffen hätte, Dafür hatte sich bei
dem ersten Vergleich das Schicksal wieder einmal gegen den - eigentlich hervorragenden - PA 1500 von T+A
verschworen. Nach dem Umschalten auf den C1 schien es, als bekomme die Musik Flügel, als erwache sie
jetzt erst richtig zum Leben.
In diesem Masse hatte es nicht einmal der phantastische Accuphase E 210 und der Gefühlvermittler ECI
2 von Electrocompaniet geschafft : Via C1 kamen Klavierläufe deutlich polierter, spannungsvoller, Ton
für Ton noch klarer akzentuiert. Den Anschlag der Filzhämmer auf den Stahlsaiten, das schwebende
Nachklingen der Akkorde, das stellte keiner so meisterhaft wie der ultraschnelle Schweizer Verstärker
dar.
Ein seltener Hochgenuss war's, mit den Denon-CD-Vorarbeitern, dem C1 und den superben Lautsprechern
Isophon Vertigo impulsiv-ausladenden Holzbassschwingungen etwa von der "Three Blind Mice" bis in die
"Poren" zu sehen, die Arbeit des Schlagzeugers zu verfolgen, die Verve der Fusstrommelkicks, das zarte
Zingern der Hihats und das Feurige der grossen Becken. Das schien manchmal so, als verfolge eine
Highspeed-kamera jeden noch so kleinen musikalischen Mucks.
Absolute Spitzenklasse III, Referenz, heisst also auch für den C1 die Wertung.